Jean-Marc Tappy:„Gemeinsam eingeschlagenen Weg weiter gehen“

Jean-Marc Tappy, Direktor Nationalmannschaften des AFVD, verfolgt den Football in Deutschland auch in der notgedrungenen Pandemie-Pause im Seniorenbereich sehr genau und richtet den Blick nach vorne. Dabei setzt er stark auf die Gemeinschaft und den Willen aller, den Sport weiter nach vorne zu bringen.

„Die Vereine haben in den letzten Jahren eine tolle Arbeit geleistet und bilden das Fundament für unseren Sport. Auch, wenn es in der Corona-Zeit für uns schwer ist, an Sichtungen teilnehmen zu können, werden wir versuchen, durch gezielte Maßnahmen dazu beizutragen, die Transformation zwischen dem Jungend- und Seniorenbereich zu erleichtern, um den Aktiven eine gute Perspektive für den Football bieten zu können.“

Solch ein Vorhaben gelingt nicht im Alleingang, sondern nur mit einen Teamgedanken und der nötigen Kontinuität.

„Ich werde in intensivem Austausch zusammen mit den Coaches den Weg, den ich zusammen mit Peter Springwald gegangen bin, weiterführen. Natürlich werden wir die eine oder andere Stellschraube noch ein Stück weiterdrehen und Feinjustierungen vornehmen. Das bringt auch schon die sich immer schneller drehende Welt mit sich. Wir müssen teilweise flexibel auf die Gegebenheiten und die gesellschaftlichen Veränderungen reagieren, uns aber gleichzeitig von unserem Weg nicht abbringen lassen. Natürlich hat sich die Kommunikation in den letzten Jahren verändert. Letztendlich geht es aber immer darum, die Aktiven in allen Altersklassen zu fördern und ihnen eine  Perspektive zu bieten. Das geht jedoch wie in allen Bereichen nicht ohne harte Arbeit.“

Das immer größere Interesse an der Sportart ist auch für Tappy mehr als erfreulich, bringt aber in seinen Augen auch große Herausforderungen mit sich: „Je mehr Jugendliche und Erwachsene sich für den Sport interessieren, desto stärker ist man gefordert, auch die Infrastruktur wachsen zu lassen – sei es Coaching-Bereich, der teamtechnischen Betreuung, dem Scouting oder der Videoanalyse. Da ist sehr viel Manpower gefragt. Bei diesen Punkten können wir als Verband im sportlichen Bereich zwar nur bedingt helfen, stehen den Vereinen aber immer beratend zur Verfügung – bis in die untersten Ligen hinein.“

Der 51-Jährige weiß, wovon er spricht, diese Erfahrungen hat er früher bei seinem Verein in Neuss selber gemacht. „Als ich dort anfing, hatten wir 30 Spieler. In denen Jahren danach haben wir es durch kontinuierliche Arbeit geschafft, uns auf 200 Mitglieder zu steigern und diesem Aufkommen gerecht zu werden. Aber irgendwann stößt du an deine Grenzen und musst dir überlegen, mit welchen Mitteln und mit welchem Personal du die nächste Stufe zünden kannst.“

Dabei hilft es oftmals, auch einmal über den Tellerrand hinauszuschauen. „Man kann sich immer optimieren. Nachdem ich vor einigen Jahren einen Sichtungslehrgang im Damenbereich besucht habe, war ich beeindruckt von der Arbeit, die dort geleistet wurde und habe einige Dinge mitgenommen, die ich in meine Überlegungen einfließen lassen konnte. Ich bin für alles offen und hinterfrage auch regelmäßig Ansätze und Herangehensweisen.“

Ein Thema, das vor allem die Vereine beschäftigt, ist, dass viele der deutschen Talente mittlerweile den Weg zu US-amerikanischen Colleges suchen.

Tappy: „Das kann man mit einem weinenden und einem lachenden Auge betrachten. Auf der einen Seite bildet man die Spieler natürlich dafür aus, dass sie die eigene Mannschaft verstärken und muss dann wieder von vorne anfangen. Auf der anderen Seite ist es auch eine Auszeichnung für die gute Arbeit der Vereine im Jugendbereich. Damit wird die Sportart für viele weitere attraktiver, man kann dem Nachwuchs eben auch Perspektiven aufzeigen – und nicht alle Talente werden den Weg in die USA einschlagen sondern ihre Rolle in den GFL-Teams finden. Generell gehen im deutschen Sport viele Talente verloren, weil Studium, Familie und Beruf eine entscheidende Rolle dabei spielen, ob der Leistungssport weiter betreiben wird. Da müssen wir beim Übergang vom Junioren- in den Seniorenbereich alle zusammen die richtigen Ansätze finden.“