Mitteilung von AFVD vom 14.03.2008

„Wir wollen uns multifunktional positionieren“

Interview mit Patrik Meyer, Geschäftsführer der SFM GmbH, Betreiber der Commerzbank Arena

Die Commerzbank-Arena hat ein bewegtes Jahr 2007 hinter sich. Patrik Meyer, Geschäftsführer der Stadion Frankfurt Management GmbH, zieht im Stadionwelt-Interview Bilanz, gibt einen Ausblick auf die Ereignisse des Jahres 2008 und schlägt Brücken nach Polen und Südafrika.

Stadionwelt: Herr Meyer, wie fällt die Bilanz des Jahres 2007 in der Commerzbank-Arena aus?
Meyer: Zwar erstellen wir die betriebswirtschaftliche Bilanz immer zum Ende einer Fußball-Bundesliga-Saison, jedoch lässt sich generell sagen, dass 2007 ein Superjahr für die Commerzbank-Arena war. Neben den Heimspielen von Eintracht Frankfurt fanden vier große Konzerte hier statt, zudem trug der Zweitligist SV Wehen-Wiesbaden vier seiner Heimspiele bei uns aus. Insgesamt empfingen wir 1.350.945 Gäste in 35 Großveranstaltungen in der Arena. Das entspricht einem Schnitt von rund 41.000 Gästen pro Event. Zusätzlich fanden rund 200 Business-Events im Stadion statt. Der einzige Wermutstropfen ist der Wegfall des American-Football-Teams der Frankfurt Galaxy als Ankermieter nach der Auflösung der NFL Europe.

Stadionwelt: Wie lässt sich ein solcher Verlust ausgleichen?
Meyer: Es wäre falsch zu sagen, das ein oder andere Konzert mehr gleicht den Verlust aus. Klar steht die Commerzbank-Arena nun an einer größeren Zahl von Terminen zur Verfügung, jedoch sind wir stets bemüht, zusätzliche Veranstaltungen zu angeln. Im Bereich American Football ist es uns gelungen, den German Bowl (das Endspiel der deutschen American-Football-Liga, Anm. d. Red.) für drei Jahre nach Frankfurt zu holen. Natürlich kann ein Spiel nicht eine ganze Saison ersetzen, doch sind wir bemüht, das vorhandene Fanpotenzial zu wecken, die Zuschauerzahl innerhalb der genannten drei Jahre durch entsprechende Marketingmaßnahmen auf das Niveau des World Bowl zu bringen. Dieses Jahr gehen wir von etwa 20.000 Besuchern aus.

Stadionwelt: Wie wichtig sind Veranstaltungen, bei denen die Commerzbank-Arena bei weitem nicht ausverkauft ist – sie nannten die Heimspiele des SV Wehen-Wiesbaden – um sich zu positionieren?
Meyer: Wir haben mit Eintracht Frankfurt nur mehr einen Hauptnutzer. Das Verhältnis zur Eintracht ist hervorragend, und wir sind stolz einen solchen Partner zu haben, nichtsdestotrotz wollen wir uns multifunktional profilieren und sind offen für andere Sportveranstaltungen. So bestreiten die argentinische und die brasilianische Fußballnationalmannschaft im Rahmen einer weltweiten Vermarktungsstrategie Testspiele in verschiedenen Stadien fernab der Heimat. Wir stehen mit den Vermarktern dieser Spiele in Kontakt und wären in Zukunft gerne Teil dieser Strategie. Weiterhin bestehen gute Kontakte zum Türkischen Fußballverband, mit welchem wir über Freundschaftsspiele in Frankfurt reden.

Stadionwelt: Was steht nun an Highlights im Jahre 2008 an?
Meyer: Mit Celine Dion und Bon Jovi gastieren zwei internationale Top-Acts auf ihrer Tournee in der Commerzbank-Arena, wie jedes Jahr kommen die Zeugen Jehovas auch dieses Jahr gerne wieder zu einem dreitägigen Kongress. Ein weiteres Konzert für diesen Sommer ist noch in Vorbereitung. Weiterhin warten wir die Entwicklung bei Eintracht Frankfurt ab, vielleicht gelingt ja der Sprung in den UI-Cup, was zusätzliche Heimspiele im Sommer bedeuten wurde.
Wir haben außerdem eine Offensive im Bereich sehr großer Firmenveranstaltungen gestartet, wodurch wir drei Businessveranstaltungen mit Nutzung des Stadion-Innenraums und einer Beteiligung von je 2.000 bis 10.000 Personen in der Sommerpause generieren konnten. Langfristig gesehen läuft auch die Organisation für die Frauenfußball-WM 2011 und das Deutsche Turnfest 2009 langsam an.

Stadionwelt: Gibt es bauliche Neuerungen in den VIP-Bereichen?
Meyer: Wir haben festgestellt, dass für drei große, für 18 Personen ausgelegte Logen, die sich mehr am Rand der Haupttribüne befinden, kein Markt vorhanden ist. Wir haben uns entschlossen, diese Logen in jeweils zwei kleinere Logen, ausgelegt für zehn beziehungsweise acht Gäste, umzuwandeln. Die Maßnahmen dürften etwa einen Monat dauern und sollten zur neuen Spielzeit abgeschlossen sein. Danach streben wir eine Vollauslastung der Logenbereiche an.

Stadionwelt: Abgesehen von den verschiedenen Events im eigenen Haus, profiliert sich die Commerzbank-Arena nun auch in der Beratung anderer Stadienbetreiber. Wie darf man sich das vorstellen?
Meyer: Unser Gesellschafter Sportfive verfügt über ein internationales Netzwerk und ist zum Beispiel bereits in Projekten in Polen engagiert. Dort werden wir gemeinsam mit unserem zweiten Gesellschafter HSG eine Kooperation zu Beratung und Betrieb eingehen. Über direkte Kontakte sind wir auch bereits im Dialog mit dem neuen polnischen Nationalstadion in Warschau. Auch hier geht es um Beratung und Betreiberfragen.

Stadionwelt: Wie können Sie Betreibern anderer Stadien konkret helfen?
Meyer: Wir verfügen durch zahlreiche internationale Veranstaltungen, nicht zuletzt natürlich durch die WM 2006, über einen großen Erfahrungsschatz, speziell was Großereignisse angeht. Wir können die Betreiber anderer Stadien beim Pre-Opening-Prozess, beim Aufbau einer Betreibergesellschaft, bei der eventtechnischen Inbetriebnahme oder bei der Vermarktung unterstützen. Speziell in Polen, wo hinsichtlich der Euro 2012 (die Fußball-EM 2012 findet in Polen und der Ukraine statt, Anm. d. Red.) komplett neue Stadionlandschaften, ja ganze Stadtteile neu entwickelt werden, sollen die Stadien als Leuchttürme auch besonders für kulturelle Veranstaltungen dienen. Es ist angedacht, ein junges Management beispielsweise in die laufenden Arbeitsprozesse in der Commerzbank-Arena zu integrieren, so dass Erfahrungen gesammelt werden können, bevor es in Polen dann richtig ernst wird. Wir befinden uns allerdings noch am Anfang der Gespräche, die Eckdaten der Kooperation müssen noch abgestimmt werden.

Stadionwelt: Ist die Beratung anderer, jüngerer Stadionbetreiber ein vielversprechendes Business-Modell?
Meyer: Es ist jedenfalls eine nächste Stufe, die wir erklimmen. Wir haben uns seit der Fertigstellung der Commerzbank-Arena bewährt, unsere Schulung war das Leben. Wir haben, wie gesagt, viel Erfahrung gesammelt und können nun die Weitergabe unseres Know-how im Bereich internationales Management anbieten. Andererseits interessieren wir uns dafür, den Betrieb des Greenpoint-Stadions in Kapstadt zu übernehmen, das im Dezember 2009 eröffnet werden soll. Auch hier stellt die Kooperation unserer Gesellschafter HSG und Sportfive die Grundlage für die Teilnahme an der entsprechenden Ausschreibung.

Stadionwelt: Zum Thema Schulung und Ausbildung passt auch die EVMI-Summer-School, die im vergangenen Jahr erstmals in der Commerzbank-Arena stattfand.
Meyer: Auch dieses Jahr freuen wir uns, Gastgeber der EVMI-Summer-School zu sein. Es ist gut für uns, die Schulung direkt hier im Haus zu haben, vermutlich werden wir auch den einen oder anderen Mitarbeiter einteilen, seine Erfahrungen weiterzugeben. Das letzte Jahr hat bewiesen, dass nicht nur die Schulung an sich, sondern auch das Networking ein wichtiger Punkt der EVMI-Summer-School ist. Davon profitieren letzten Endes auch wir. Auch in diesem Jahr werden wir am Abend des Champions-League-Finales wieder eine Networking-Party mit den Teilnehmern der Summer-School feiern. (Stadionwelt/Pascal Reichardt, 13.03.08)