Mitteilung von AFVD vom 10.07.2010

Ein neues Kapitel in der deutschen EM-Geschichte

In zwei Wochen ist es soweit - wieder einmal. Wenn in der Frankfurter Commerzbank Arena am 24. Juli die EM 2010 mit dem Vergleich zwischen Deutschland und Österreich eröffnet wird, ist es an der Zeit, ein neues Kapitel in der langen Tradition Deutschlands bei den Europameisterschaften im American Football aufzuschlagen. Nicht nur als Gastgeber spielt die deutsche Nationalmannschaft eine besondere Rolle - übrigens lässt sich auch hier ein „wieder einmal“ bequem einfügen, denn die 12. EM im American Football ist bereits die vierte nach 1989, 2000 und 2001, deren Endspiel in Deutschland entschieden werden wird. Damit egalisiert der AFV Deutschland die Rekordmarke der Italiener, die - vor allem in den frühen Jahren - auch vier Endturniere veranstalteten.

Die Italiener sind wie seit ihrer letzten Ausrichtung 1997 diesmal nicht dabei, die Deutschen dafür zum neunten Mal, womit der AFV Deutschland - hinter Finnland, das bislang bei jeder EM-Endrunde seit 1983 dabei war beziehungsweise im Halbfinale stand - die Rolle seiner Nationalmannschaft als Dauergast bei den Europameisterschaften erneut unterstreicht. Und auch wenn derzeit alle Österreich als Auftaktgegner besonders im Visier haben - nicht zu vergessen bleibt, dass der Klassiker zwischen den beiden EM-Urgesteinen am 29. Juli in der Wiesbadener Brita Arena die zweite große Hürde der Deutschen vor ihrer angepeilten fünften Finalteilnahme darstellt.

Von den fünf bisherigen Aufeinandertreffen Finnlands und Deutschlands bei Europameisterschaften gewannen die Skandinavier drei, nur zweimal endete der Vergleich in schwarz-rot-goldenem Jubel. Gleich bei der allerersten EM 1983 in Italien begann diese Serie zweier Rivalen, die sich vor allem aus Sicht Deutschlands wie ein „roter Faden“ durch die eigene EM-Geschichte zieht. Das 6:33 durfte damals noch als Achtungserfolg gelten, für den damals noch ganz jungen AFV Deutschland galt seinerzeit eher das Motto „Dabeisein ist alles“. Schon 1985 aber verpasste man nur knapp das mögliche Finale gegen Finnland mit 11:13 gegen Gastgeber Italien im Halbfinale. Zwei Jahre später waren es dann die Deutschen, die den ersten Höhepunkt in der EM-Rivalität mit Finnland setzen konnten: Auch in Helsinki schlüpften sie wieder in die Rolle des Angstgegners des Gastgebers, diesmal auch durch einen 44:21-Sensationserfolg gekrönt. Finnland war so ausgerechnet beim ersten Finale im eigenen Land erstmals in der jungen EM-Historie nur Zuschauer. Enttäuscht waren am Ende aber auch die Deutschen, die gegen Italien mit 22:24 ihre erste von insgesamt drei EM-Finalniederlagen kassierten.

Mit großen Hoffnungen ging man dennoch 1989 ins erste Turnier im eigenen Land und erlebte dabei einen enormen Rückschlag. Mitten in einer mehrjährigen starken Phase Großbritanniens war ausgerechnet das Team von der Insel Halbfinalgegner der Deutschen in Hamburg - und fügte Deutschland mit einem 38:8 die höchste Niederlage seiner EM-Geschichte zu. Der dritte Platz durch ein 29:9 gegen Italien konnte die Enttäuschung da kaum lindern. Schlimmer noch: Das Projekt Nationalmannschaft insgesamt geriet in einer Phase, in der der AFVD vorübergehend an Organisationskraft einbüßte, ins Schlingern. 1991, 1995 und 1997 war Deutschland nicht dabei, nur 1993 wurde eine Mannschaft entsandt, die allerdings in Bergamo im Halbfinale die Revanche der Finnen für 1987 (0:10) hinnehmen musste und zum vierten Mal einen dritten Platz holte.

Ende der 90er Jahre wurde dann der Nationalmannschaft unter dem 1997 erstmals gewählten AFVD Präsidenten Robert Huber wieder die Priorität eingeräumt, die ihr gebührt. Vor allem aber ist seither die Nationalmannschaft auch in ein langfristig orientiertes Konzept eingebunden, in dem eine Junioren-Nationalmannschaft die besten Spieler bereits frühzeitig an höhere Aufgaben heranführt und ein durchgängiges System Kaderförderung für alle Athleten ermöglicht. Nicht nur jeweils kurzfristig zu EM-Turnieren zusammengestellte Mannschaften, sondern ein Team, das sich über die Jahre entwickeln kann, ist seither regelmäßig für Deutschland am Start. Auch bei bisher zwei Weltmeisterschaften (zuletzt 2007 in Japan mit Bronze als bestes europäisches Team) oder den World Games (2005 Gold in Duisburg) bewies sich dieses Team.

Und natürlich trägt dies auch bei Europameisterschaften Früchte. Deutschland war so in allen drei EM-Finalspielen dieses Jahrtausends dabei. Nicht aber, ohne dass die Finnen dem Team da noch einmal einen Strich durch die Rechnung machten: 2000 verlor Deutschland ein denkwürdiges Finale in Hamburg mit 29:30, nachdem man bereits sicher auf der Siegerstraße schien. Umso größer dann der Triumph von Hanau ein Jahr später, als man den Erzrivalen erstmals im Finale bezwingen konnte, wobei man auch beim 19:7 zunächst einen Rückstand hatte aufholen müssen. 2005 folgte dann bei der letzten EM in Schweden gegen den Gastgeber eine 7:16-Finalniederlage, die knapper war, als es das Ergebnis aussagt, da die deutsche Mannschaft am Ende mit vollem Risiko spielen musste und dabei dann das Pech hatte, dass die Schweden dies ausnutzen konnten.

Nach dem Gesetz der Serie wäre also im nächsten Finale wieder ein Sieg fällig, aus der deutschen EM-Tradition ergibt sich in jedem Fall der Anspruch, eine besondere Rolle im Turnier zu spielen. Da aber erstmals sechs Mannschaften bei einem EM-Endturnier am Start sind und an der Spitze die Nationen immer stärker zusammengerückt sind, gibt es natürlich auch für die Deutschen keinen Freifahrtschein. Auch das lehrt die EM-Geschichte, denn bisher erst dreimal schafften es Gastgeber zum EM-Titel...