Mitteilung von AFVD vom 16.07.2011

Matura statt Abitur...

Die Enttäuschung bei WM-Gastgeber Österreich, nach der eigenen Niederlage gegen Frankreich nicht in Wien gegen Deutschland im Spiel um Platz fünf antreten zu können, war groß. Aber auch in der deutschen Mannschaft gab es nicht wenige, für die der Vergleich mit diesem speziellen Kontrahenten seinen besonderen Reiz gehabt hätte. Zum Beispiel für Defensive End Robert Zernicke, für den die WM sozusagen ein Heimspiel war: Zernicke ist zwar in Braunschweig geboren und wurde bei den Munich Cowboys zum Nationalspieler, doch lebte er lange in Salzburg und spielte die vergangene Saison bei den Tirol Raiders in Innsbruck. „Ich habe sogar Matura statt Abitur“, schmunzelt er.

Dass er einmal American Football spielen würde, das hatte sich Zernicke selbst nicht träumen lassen. Athletisch war er schon immer, was er zunächst als Judoka unter Beweis stellte. Aber: „Wenn man in Braunschweig wohnt, dann kommt man an Football ja nicht vorbei. Ich war öfter im Stadion an der Hamburger Strasse und habe mir GFL-Spiele angesehen.“, erinnert er sich. Ein Auslandsaufenthalt in den USA an der Smith Valley High School in Nevada war dann die Initialzündung. „Das war nur eine kleine Schule. Da habe ich mich entschieden, es mit Football zu versuchen.“ Da Zernicke aus Braunschweig Football kannte und die athletischen Voraussetzungen aus dem Judo nicht die schlechtesten für einen Footballer sind, lernte er die Techniken schnell, wurde Defensive End des Schul-Teams und am Ende der Saison gleich ins All-State-Team von Nevada gewählt. „Das war für mich schon überraschend, denn ich hatte mit dem Sport aktiv ja erst begonnen“, erzählt er nicht ganz ohne Stolz.

Zurück in Europa zog es Zernicke nach Salzburg, da seine Eltern beruflich bedingt dorthin umzogen. Mit den Salzburg Bulls gewann er 2003 die österreichische Zweitligameisterschaft, begann danach sein Studium allerdings in München. Der Wechsel zu den Munich Cowboys war die logische Konsequenz. 2010 spielte Zernicke für die Plattling Black Hawks. Mit denen gastierte er im Play-off-Viertelfinale in Berlin, und „da hat man ja schon herausgehört, dass Trainer Shuan Fatah nach Innsbruck wechseln würde. Wir sind ins Gespräch gekommen“, und so nutzte Zernicke die Gelegenheit, im WM-Jahr die Vereinssaison bereits in Tirol zu spielen.

Das half natürlich auch der Nationalmannschaft in Innsbruck, zumal neben Zernicke mit Dennis Wiehberg und Pascal Maier drei weitere Wahl-Innsbrucker zum Aufgebot gehörten, die kurz vor der WM mitgeholfen hatten, den Raiders europäische und österreichische Titelgewinne zu bescheren. Dass der Medaillentraum bei der WM nicht in Erfüllung ging, findet er schade, sieht es aber auch realistisch: „USA und Mexiko, das war ein sehr hartes Los, das wussten wir vorher schon“, sagt er. Mitfühlen kann er aber auch mit den Österreichern: „Ich kenne die Jungs größtenteils“, sagt er und dürfte nun wie diese ein bisschen erleichtert sein, dass Österreich wenigstens durch ein 48:10 über Australien den siebten Platz holte und bei der Heim-WM nicht ganz sieglos blieb. Nach Österreichs einzigem WM-Erfolgserlebnis gewann am Freitag abend Japan die Bronzemedaille durch ein 17:14 über Mexiko.