Mitteilung von AFVD vom 31.03.2007

Europa wächst - auch im Football

Polen und Ungarn neu in der EFAF - weitere Aufnahmekandidaten in Sicht

Bei der Generalversammlung der European Association of American Football (EFAF) am vergangenen Wochenende in London standen die Bestrebungen des europäischen Dachverbandes, sich verstärkt um neue und potenzielle künftige Mitgliedsverbände zu kümmern, im Mittelpunkt der Beratungen. Robert Huber, Präsident des AFVD und der EFAF durfte resümieren, dass nach sechs Jahren der Aufbauarbeit »die Pflichtaufgabe erledigt ist und die EFAF sich eine funktionierende Infrastruktur geschaffen hat.« Auf dem Status Quo dürfe nun aber nicht verharrt werden: »Jetzt müssen wir daran gehen, auch wirklich gesamteuropäisch zu denken und unsere Sportart auf dem ganzen Kontinent verbreiten.«

In London wurden Polen und Ungarn als neue assoziierte Mitglieder des Verbandes aufgenommen, gemeinsam mit dem im letzten Jahr dazugestoßenen Serbien erhöhen sie die unter dem Dach der EFAF vereinten Nationalverbände auf 19. Möglicherweise nur der Anfang einer wahren »Osterweiterung« der europäischen Footballbewegung, denn neben Portugal und Luxemburg könnten in den kommenden Jahren Estland, Slowenien, Weißrussland, Bulgarien, Griechenland, Lettland und die Slowakei noch dazustoßen. Nachdem die EFAF lange Jahre unverändert aus ihren Gründungsmitgliedern bestand und mit Russland, der Ukraine und Tschechien während eines knappen Jahrzehnts nur drei Nationen neu hinzugekommen waren, scheint sich die Dynamik von Neugründungen nun zu erhöhen.

Das gilt dabei nicht nur für das tatsächliche »Football-Neuland«, auch in den Ländern, in denen Football schon länger gespielt wird, geht es - vor allem im Jugendbereich - aufwärts. Zuwachsraten im Mitgliederbereich von 15 bis 20 Prozent werden gemeldet. Und dies auch zum Beispiel aus Großbritannien oder Italien, wo ebenso wie in Deutschland seit knapp 30 Jahren dem eiförmigen Leder nachgejagt wird, wo zwischenzeitlich aber existenzielle Krisen den Verbänden enorm geschadet hatten.

Diese Phase ist Vergangenheit. Was das Gros der EFAF-Mitgliedsverbände betrifft, ist Football als Sportart etabliert, natürlich nirgendwo als echter »Major Sport«, aber doch als Bestandteil einer vielfältigen Sportlandschaft nachhaltig genug. Nachhaltigkeit, das ist auch eines der Schlagworte, unter das die EFAF ihre »Entwicklungshilfe« in den Nationen stellt, in denen es darum geht, aus neu aufkeimendem Interesse an der Sportart eine Struktur zu schaffen, in der Mannschaften, Clubs und Ligen entstehen können. »Es muss ein Grundinteresse vor Ort erkennbar sein, der Eigenantrieb der Aktiven in den Nationen muss stark ausgeprägt sein, dann können kleine Hilfestellungen ausreichen, um die Sportart erst einzuführen und später zu etablieren,« sagt Huber. Hilfestellungen, für die die EFAF 15 bis 20 Prozent ihres Gesamtetats von rund 130.000 Euro jährlich künftig verwenden will. Und mit denen sie sich - im Sinne der Nachhaltigkeit - auch abgrenzen will von kurzfristigen Aktionen wie etwa dem NFL-Flag-Football-Projekt in China, bei denen größere Summen punktuell eingesetzt werden.

Obwohl auch die EFAF gerne den Schwerpunkt auf Flag Football setzen würde, um die Nachwuchsarbeit in den Ländern von Beginn an auf eine breitere Basis zu stellen. Doch dieser Empfehlung mag kaum einer der »Aktivisten« in den Football-»Entwicklungsländern« folgen, und um deren angesprochenen Eigenantrieb nicht zu behindern setzt man dann doch flächendeckend auf Tackle Football. Wie so oft ist das erste Interesse an der Sportart schließlich meist den TV-Übertragungen von NFL-Spielen zu verdanken, und diesem Vorbild wollen die jungen Fans möglichst »eins zu eins« nacheifern. Egal, ob sie aus Serbien, Portugal oder Lettland kommen.

Dass es funktioniert, zeigt das aktuelle Beispiel Polen. Ganze drei Jahre ist es her, dass eine Anfrage von dort die EFAF erreichte. Vermittelt wurde der Kontakt zu polnisch-stämmigen deutschen GFL-Spielern, und nach einigen Clinics und Trainerschulungen entstanden mehr und mehr Clubs. In diesem Jahr wollen die Polen erstmals mit fünf Mannschaften den Ligenbetrieb aufnehmen und möglicherweise bei der geplanten D-Europameisterschaft im Jahr 2010 dabei sein. Serbien, im letzten Jahr neu in die EFAF aufgenommen, wird sich sogar schon in diesem Jahr bei der C-EM vom 11. bis 19. August in Österreich mit der Konkurrenz aus den Niederlanden, Norwegen, der Schweiz, Irland und Österreich messen.

Der Ausbau des internationalen Spielbetriebs, auch durch das Konzept von Europameisterschaften auf verschiedenen Leistungsniveaus, das den »kleinen« Nationen Gelegenheit gibt, sich untereinander zu messen und nicht als Sparringspartner für die Top-Nationalteams zu dienen, ist eines der naturgemäßen Hauptziele der EFAF. Aber nicht nur ein Selbstzweck: »Das hört sich vielleicht pathetisch an, aber im Kern ist es nun einmal unsere Aufgabe: Als europäischer Sportverband haben wir dem friedlichen Meinungs- und Gedankenaustausch zwischen jungen Menschen verschiedener Völker und Kulturen zu dienen,« sagt Huber.

Ganz praktisch lässt sich belegen, dass diese Maxime nicht »pathetisch«, sondern wirklichkeitsnah ist: Ausgerechnet unter serbischen Football-Funktionären ist der Plan gereift, mangels einer genügender Anzahl von Vereinen innerhalb der eigenen Landesgrenzen eine Liga gründen zu wollen, in die Clubs aus den - auf politischer Ebene mit Serbien in der Mehrheit verfeindeten - Nachbarländern integriert werden sollen. Wenn dies klappt, wäre es ja ein schöner Beweis, dass Sport tatsächlich völkerverbindend ist und damit der »großen Politik« vorauseilen kann.

Andererseits stehen die tatsächlichen Verhältnisse den Bemühungen der EFAF zuweilen auch entgegen, wie drei Schiedsrichter-Aspiranten - ebenfalls aus Serbien - kürzlich in London erleben mussten: Mangels geeigneter Visa wurde ihnen die Weiterreise nach Dublin zum EFAF-Schiedsrichterlehrgang verweigert. Auch unabhängig von solchen Vorfällen ist man beim Europaverband aber ohnehin der Auffassung, dass die sinnvollste Unterstützung beim Aufbau durch Fachleute vor Ort geleistet wird. Trainer, Schiedsrichter, Spieler oder Funktionäre aus den großen Mitgliedsorganisationen sollen daher in Zukunft verstärkt in die »Entwicklungsländer« entsandt werden, um dort Schulungen durchzuführen.