Mitteilung von AFVD vom 08.10.2003

Der Süden holt immer mehr auf

Robert Huber, Präsident des Football-Verbandes, über die Bundesliga, ihre Probleme und deutsche Spieler


BRAUNSCHWEIG. Mit dem German Bowl, dem Finale um die deutsche Meisterschaft zwischen den Braunschweig LIons und den Hamburg Blue Devils, steht Sonnabend in der Wolfsburger Volkswagen Arena (15.30 Uhr Einlass, 18.30 Uhr Kick-Off) der Football-Saisonhöhepunkt an. Darüber sprach Sportredakteur Hans-Dieter Schlawis mit dem Präsidenten des deutschen Football-Verbandes, Robert Huber.

F: Nur das alles entscheidende Spiel der Saison steht noch aus. Ist der Verband mit der abgelaufenen Saison zufrieden?

A: Es hat sportlich eine Annäherung der Liga insgesamt gegeben. Keine Mannschaft hat in den vergangenen Monaten so dominiert, dass andere keine Chance hatten. Selbst Braunschweig hat zweimal verloren. Der Süden holt immer mehr auf, hat sich der Spitze angenähert, die Spiele sind ausgeglichener als früher. Aus sportlicher Sicht hat die Saison also eine gute Entwicklung genommen. Sport ist Spannung, wenn der Sieger von vornherein feststeht, ist es langweilig.

F: Und wie sieht die Bilanz aus organisatorischer Sicht aus?

A: Wenn man das Ergebnis der Saison betrachtet, also aus der Rückschau, dann bin ich zufrieden. Wenn man vor dem ersten Spieltag konfrontiert ist mit dem Insolvenzantrag seines deutschen Meisters oder vor dem letzten Spieltag die Kölner melden, sie hätten kein Stadion für ihr Heimspiel, dann ist das nicht befriedigend. Probleme gibt es aber immer, aber es gab keins, das die Liga als ganze betraf.

F: Selbst in einer footballverrückten Stadt wie Braunschweig bröckeln die Zuschauerzahlen. Worauf führen sie das zurück?

A: Es gab in den letzten zehn Jahren immer eine Wellenbewegung. Football war immer für einige Jahre in einigen Regionen sehr populär. Düsseldorf, Berlin, Hamburg, Braunschweig und jetzt Dresden lauten die Stationen. Nach einer gewissen Zeit gibt es halt einen Gewöhnungseffekt beim Publikum. Es ist deshalb schwer, die Top-Zuschauerzahlen zu halten. Dazu kommt natürlich die Wirtschaftskrise. Die Leute drehen den Euro mehrmals um im Freizeit- und Unterhaltungsbereich. Football steht da nicht allein. Dazu kommt die schwierige Lage im Sponsorenbereich, die das Rahmenprogramm schmelzen lässt.

F: Hat der Verband eine Möglichkeit gegenzusteuern? Die Ligen zusammenzulegen etwa, um die sportliche Brisanz zu erhöhen?

A: Die Leistungsstärke ist nicht der Grund, dass wir nicht zusammenlegen. Das Argument ist ein organisatorisches, ein medizinisches. In einer Vollkontakt-Sportart wie Football können Sie nicht eine unendliche Zahl von Spielen machen. 15 Spiele sagen die Sportmediziner sind noch vertretbar. Bei einer Zusammenlegung käme man auf maximal 25. Das wäre nicht zu verantworten.

F: Wie sehen die Mitgliederzahlen im Footballverband insgesamt aus?

A: Wir hatten dieses Jahr einen Zuwachs von sieben Prozent. Nur Golf hat uns in Deutschland damit überholt. Es wäre aber gelogen, wenn ich sagte, wir hätten eine Mitgliederexplosion. Anfang der 90er-Jahre standen wir bei gut 23000 Mitgliedern. In den Jahren danach bröckelte die Zahl auf 19000. Jetzt stehen wir wieder bei 21000, seit drei Jahren wächst die Zahl stetig.

F: Wie schätzen Sie die Lage, die Chancen der deutschen Spieler ein? Strampeln wir uns langsam frei von den Amerikanern?

A: Da sind wir bei einem ganz schwierigen Problem angelangt. Wir haben sehr gute deutsche Spieler, die auch international konkurrenzfähig sind. Unsere wirklichen Topathleten spielen aber nicht in unserer Liga, da hakt es. Sobald sie einen bestimmten Level errreicht haben, versuchen sie in die NFL zu kommen, in die USA. Wir schicken unsere besten Spieler in die USA, die uns dann hier fehlen. Und unsere Vereine verpflichten dann wieder Amerikaner, um die Deutschen zu ersetzen, den Qualitätsverlust aufzufangen - ein Teufelskreis. Wir haben einen deutlichen Zuwachs an der Qualität, keine Frage.

Dienstag, 07.10.2003
Quelle: Braunschweiger Zeitung (www.newsclick.de)