Mitteilung von AFVD vom 29.09.2009

Mehrere Wege führen nach Frankfurt

Berlin Adler und Kiel Baltic Hurricanes, die am 3. Oktober in der Frankfurter Commerzbank-Arena den neuen Deutschen Meister ermitteln, haben auf dem Spielfeld in der Saison 2009 auf ähnlichem Weg Erfolg gehabt: Akribische Vorbereitung der Mannschaften auf die Spiele durch zwei erfahrene Football-Strategen - Shuan Fatah (Berlin) und Kent Anderson (Kiel) - als Head Coaches, starke Verteidigungsreihen, an der sich alle Gegner die Zähne ausbissen, und im Angriff ballsichere, fehlerfreie Akteure. Was sich im Ergebnis als nahezu gleichwertig und gleichartig ausdrückt, ist aber in der langfristigen Strategie der beiden Vereine auf ganz unterschiedliche Fundamente gebaut.

Beide Teams haben auf diese Art und Weise verhältnismäßig wenige Punkte im Angriff produziert, was einen spannenden und bis zuletzt offenen German Bowl XXXI verspricht, ist doch keinem von beiden zuzutrauen, den anderen wirklich im Handstreich dominieren und eine frühe Entscheidung herbeiführen zu können. Auch die Baltic Hurricanes, die sich unter dem Motto „The Greatest Show on Grass“ in die Herzen der Kieler Fans gespielt haben, führen vor, dass richtig guter Football eben nicht daraus besteht, jeden Ball in die Endzone zu werfen. Das Publikum goutiert den Erfolg auch ohne Kantersiege - oder eben gerade deswegen. Nicht umsonst haben die Kieler in diesem Jahr mit über 5.000 Zuschauern pro Heimspiel die Rolle des Zuschauerkrösusses in der GFL übernommen.

Wieder einmal wird Kiel so zur Football-Hochburg - doch bei allen Parallelen zur ersten heißen Phase der Baltic Hurricanes Ende der 90er Jahre, als man dem Beispiel Hamburgs und Braunschweigs folgend schon einmal für Furore sorgte, spricht viel dafür, dass GFL-Wiederaufstieg 2006, Play-off-Teilnahme 2007 und Vizemeisterschaft 2008 als Folge eines akribisch durchdachten Neuaufbaus nur der Beginn einer Entwicklung sind und noch lange nicht ihr Höhepunkt. Mit einem modernen Gesamtkonzept, das von optimalen sportlichen Rahmenbedingungen - für die Kent Anderson bürgt - über eine spezielle Betreuung der Spieler in beruflichen und anderen Lebensbereichen bis hin zu pfiffigen Marketing-Aktionen zur Gewinnung neuer Zielgruppen für den Football reicht, setzen die Kieler derzeit Management-Maßstäbe.

Von Zuschauerzahlen, wie sie in Kiel inzwischen Standard sind, kann man dagegen in der vielfältigen Sport- und Kultur-Metropole Berlin nur träumen. Immerhin: Seit die Adler 2008 den europäischen EFAF Cup im Finale im heimischen Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark gegen Parma gewannen, geht es für sie auch an dieser Front wieder aufwärts. In einer Weltstadt wie Berlin zählt und zieht halt besonders internationales Renommee. Ihre sportliche Kraft - und das nun schon über Jahrzehnte - schöpfen die Adler aus einem anderen Standortvorteil. Die einwohnerreichste Stadt Deutschlands mit ihrem vielfältigen öffentlichen Verkehrssystem eröffnet beste Perspektiven für die Nachwuchsarbeit. In einer Sportart, in der - auch im Jugendbereich und auch im Training - alles von großen Kadern abhängt, schöpfen die Adler aus dem Vollen. Ihre Jugendmannschaft ist schon Deutscher Meister 2009 - zum fünften Mal insgesamt, und auch Lokalrivale Berlin Rebels war schon drei Mal Jugendmeister. Meistertitel Berliner Vereine im Frauen- und Senior-Flag-Football runden den Eindruck ab, dass 2009 Berlin auch die deutsche Football-Hauptstadt ist.

Das Konzept der Adler als „Stolz der Hauptstadt“ und der Spitze des Berliner „Football-Eisberges“ trägt in jedem Fall langfristig und über ganze Spielergenerationen hinweg. Ihre erste von nun sieben Endspielteilnahmen (fünf Mal gewannen die Adler bereits den Titel) liegt inzwischen 22 Jahre zurück. Keinem anderem Verein ist es bislang in der Geschichte der German Bowls gelungen, während einer so langen Zeitspanne mehrfach ins Finale vorzudringen. Ganz im Gegenteil: Von den Meistern der Jahre vor 1997, als die „Regentschaft“ des derzeitigen Rekordmeisters Braunschweig Lions begann, sind außer den Adlern derzeit nur noch die Munich Cowboys in der GFL vertreten.

Unterschiedliche Wege führen also nicht nur nach Frankfurt in den German Bowl, sondern auch zum langfristigen Erfolg eines Vereins. Baltic Hurricanes und Adler repräsentieren zwei unterschiedliche Ansätze, wie Football erfolgreich etabliert werden kann. Auch in dieser Hinsicht bietet der German Bowl XXXI so eine sehr reizvolle Paarung, stehen doch zwei Aushängeschilder verschiedener Philosophien, wie sie gleichberechtigt nebeneinander unter dem Dach des American Football Verbandes Deutschlands möglich sind, im Finale.