Mitteilung von AFV Hessen vom 11.11.2015

Lassen Sie uns gemeinsam diskutieren

Innen- und Sportminister Peter Beuth im Austausch mit den Spitzen der hessischen Sportverbände / Aktuelle Fragen und Leistungssportoffensive

Auf Einladung des Vorsitzenden des Beirates der Verbände im Landessportbund Hessen, Robert Huber, besuchte Peter Beuth, Hessischer Minister des Inneren und für den Sport die 54 Fachverbände im Landessportbund Hessen.

Peter Beuth wird empfangen wie ein alter Bekannter: Handschlag, ein paar private Worte, erste sachliche Gespräche. Beuth kennt sich aus mit den Themen, die den organisierten Sport in Hessen bewegen. Er ist kein Schönredner, er ist ehrlich und direkt. Und trotzdem – oder gerade deshalb – hat man das Gefühl, dass ihm die Sportfamilie sehr am Herzen liegt.

Es ist ein Donnerstagabend Anfang November, in der Mehrzweckhalle der Frankfurter Sportschule des Landessportbundes Hessen (lsb h) haben sich die Präsidenten und Vorsitzenden der hessischen Sportverbände sowie einige Ehrengäste versammelt. Es soll an diesem Abend um das Thema Leistungssport gehen. Eine „bedeutende Säule des Sports“, wie Landessportbund-Präsident Dr. Rolf Müller sagt. Bevor es konkret wird, haben die Verbände aber noch andere Fragen, die ihnen auf den Nägeln brennen.

„Ist es abzusehen, dass die Belegung von Hallen mit Flüchtlingen irgendwann ein Ende hat?“, will Georg Anselm vom Hessischen Fechterverband wissen. Es ist das Thema der Stunde. Der Sport wisse um den Notstand und sei bereit zurückzustehen, sagt der Vorsitzende des Beirats der Verbände, Robert Huber. „Dennoch“, betont er, „ist die Situation eine Herausforderung, vielerorts sogar eine kleine Katastrophe.“
Minister Beuth nickt wissend mit dem Kopf. Gleich zu Beginn hat er den Vereinen seinen Dank ausgesprochen. Für ihre Hilfe, für die vielen Initiativen und die Bereitschaft, ihrer humanitären Verantwortung nachzukommen. Große Hoffnung, dass künftig keine Hallen mehr gebraucht werden, kann er aber nicht machen. „Ich gehe weiter von einem hohen Zugang aus. Wenn pro Woche rund 500 Flüchtlinge nach Hessen kommen, dann haben wir vielerorts keine andere Wahl als sie erst einmal in Hallen einzuquartieren“, so Beuth. „Wir kämpfen täglich gegen die Obdachlosigkeit.“

Gleichzeitig sagte er den Vereinen, die Integrationsarbeit leisten, eine Förderung zu. Mit dem Konzept der Sport-Coaches, das die Sportjugend Hessen entwickelt und in drei Modellkommunen getestet hat, wolle man den Vereinen Hilfestellung und Anleitung an die Hand geben.
Dass sich die Vereine von einer anderen Entwicklung viel mehr bedroht sehen, wurde anschließend deutlich: „Wenn der Nachmittag bis 17 Uhr geht, ist das das Ende des Sports“, befand ein Verbandsvertreter. Landessportbund-Präsident Müller fand diese Wortwahl etwas zu drastisch, teilte die großen Bedenken aber durchaus. „Deshalb wollen wir demnächst alle Betroffenen zusammenrufen“, so Müller. Denn von der zunehmenden Ganztagsbetreuung in Schulen seien nicht nur die Sportvereine, sondern auch Feuerwehr, kirchliche Jugendorganisationen und viele andere betroffen.

Immer wieder klang mit, dass sich die Zusammenarbeit mit dem Kultusministerium schwierig gestaltet – nicht nur beim Pakt für den Nachmittag, auch bei der Schulzeitstreckung, in Sachen Lehrer-Trainer oder bei den zugelassenen Sportarten für die Abiturprüfung. Beuth beteuerte, immer wieder das Gespräch mit seinem Ministerkollegen Prof. Dr. Alexander Lorz zu suchen und gab zu bedenken: „Im Kultusministerium ist Sport nur eines von ganz vielen Fächern.“

Rahmenbedingungen verbessern

Insbesondere im Hinblick auf die Leistungssportoffensive, die Beuth plant, betonte er die gute und notwendige Zusammenarbeit mit dem Kultusministerium. „Außerdem brauchen wir das für die Hochschulen zuständige Wissenschaftsministerium und vielleicht sogar das Sozialministerium.“

Schließlich müssten die Rahmenbedingungen stimmen, damit die Kaderathleten auch Spitzenleistungen erbringen. Doch wie sehen diese Bedingungen aus? Beuth kündigte an, die Athleten und Trainer mehr einzubeziehen. Außerdem sagte er erneut mehr Geld für das Landestrainerprogramm zu.
Lutz Arndt, Vizepräsident Leistungssport des Landessportbundes Hessen, sah dies ebenfalls als Notwendigkeit an. „Wir freuen uns über die Initiative des Ministeriums und dass wir miteinander ins Gespräch kommen. Nach 14 Jahren auf dem gleichen Stand wird es Zeit, dass wir Bewegung in die Sportlandschaft bringen.“

Dennoch herrschte nicht nur Einigkeit: Beuth hatte eingangs noch betont: „Für das, was wir an Aufwand treiben und an Geld einbringen, müssten wir spürbar erfolgreicher sein.“ Wolfgang Thiel vom Hessischen Tanzsportverband fragte an, ob sich das nur auf Medaillen bei Olympischen Spielen beziehe. „Wir sind in Hessen der zehntgrößte Verband, aber nicht olympisch“, machte er deutlich und frage, wie das bei der Mittelverteilung einbezogen werde.

„Das sind Fragen, die wir gemeinsam noch klären müssen. Wir werden wohl Prioritäten setzen müssen, mit denen nicht jeder 100 Prozent zufrieden sein kann. Lassen Sie uns das gemeinsam besprechen“, so der Minister. Er sagte auch zu, den Landessportbund beim Umgang mit zwei „schwierigen Entwicklungen“ (Müller) zu unterstützen: Erstens dem Insolvenzantrag des Sportmedizinischen Instituts und der Frage, wie die sportmedizinische Versorgung neu organisiert werden kann. Und zweitens bei der neuen Struktur des Hauses der Athleten. „Wir versuchen, die Trägerschaft zu übernehmen, wenn das relativ kostenneutral möglich ist“, so Dr. Müller eingangs.

In Sachen Leistungssportoffensive gibt es noch keinen genauen Zeitplan. Die Befragung von Athleten und Trainern solle aber zeitnah erfolgen, so der Minister. Außerdem will sich sein Ministerium einen Überblick über den Sportstättenbestand verschaffen. „Wir haben zum Beispiel keine Kenntnis, wie viele Schwimmbäder es in Hessen gibt“, sagte Beuth. Ein guter Punkt, um anzusetzen, fand nicht nur Dr. Rolf Müller, der sich seit langem dem Kampf um den Erhalt der Bäder angenommen hat.